Name und Wappen
Im Jahre 788, also vor genau 1200 Jahren, wurde Kufstein als „Caofstein“ zum erstenmal erwähnt. Der Felskopf, der die heutige Festung trägt, könnte der „Perle Tirols“ den Namen gegeben haben. Den durch Urkunde überlieferten Formen „Caofstein“, „Chuofstein“, „Kuofstein“, „Chuifstein“ usw. würde demnach das althochdeutsche Wort „Chopf“ (Kopf) zugrundeliegen. Tatsächlich ist auch der Name „Kopfstein“ schriftlich bezeugt, und zwar schon im 14. Jahrhundert. Da aber menschliche Phantasien die felsige Anhöhe nicht nur als Kopf, sondern auch als kübelähnlichen Höcker sehen kann, wäre auch das altdeutsche Wort „Chuofa“ (Fass, Kübel) als Ursprung denkbar. Diese Bedeutung gibt das 1374 erstmals erschienene Stadtwappen wider: eine silberne Kufe in rotem Feld auf grünem Dreiberg. Die Festung wurde als „Castrum Chuofstain“ 1205 erstenmal erwähnt. Politisch gehörte Kufstein mit einer kurzen Unterbrechung bis zum Jahre 1504 zu Bayern. Die baeerischen Herzöge versahen den militärisch wichtigen Grenzort mit grosszügigen Rechten. Stephan III. erhob Kufstein im Jahre 1393 zur Stadt.
Kufstein wird österreichisch
Während den spannungsgeladenen, kriegerischen Jahrhunderten des späten Mittelalters und der fühen Neuzeit waren Stadt und Festung Kufstein in wechselvollen Schicksalen als unauflösliche Einheit miteinander verbunden. Die Ortsgeschichte weiss von drei furchtbareb Drangsalen, jeweils am Anfang eines neuen Jahrhunderts, zu berichten: 1504, 1703 und 1809. Im Jahre 1504 mischte sich Maximilian I., der deutsche Kaiser und eigentliche Begründer der Weltmachtstellung des Hauses Habsburg-Österreich, in einem Erbstreit zwischen zwei Linien des Hauses Wittelsbach, der oberbayerischen (Bayern-München) und der pfälzischen (Bayern-Landshut). Als Preis für seine Unterstützung der oberbayerischen Sache, liess sich der Kaiser die Städte Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg für Habsburg-Österreich zusichern. Die Hauptleute dieser Städte gingen in seine Dienste über, namentlich der von Kufstein, Hans von Pienzenau, wurde von Max reichlich mit Geschütz und Munition versorgt. Doch im August 1504 bemächtigten sich die Pfälzischen der Stadt Kufstein, und Pienzenau, ein treuer Anhänger des Hauses Wittelsbach, öffnete den Feinden des Kaisers die Festung und liess sich von ihnen mit Besatzung, Proviant und Munition versehen. Ende September rückteMaximilian mit einem wohlasugerüsteten Heer von 9’000 Mann heran. Nachdem die Aufforderung des Kaisers zur Übergabe abgelehnt wurde, begann Maximilian am 5. Oktober mit der Beschiessung. Doch wirkungslos prallten die Kugeln der leichten Geschütze an den Festungsmauern ab. Der Kaiser liess deshalb aus dem Zeughaus in Innsbruck seine grössten Kanonen holen, die Ungetüme „Weckauf von Österreich“ und „Burlepauss“. Nach dreitägiger fürchterlicher Beschiessung war die Festung fast ein Trümmerhaufen. Jetzt flehten die Belagerten um Gnade und freien Abzug, doch Mximilian lehnte ab. Am Morgen des 17. Oktober stürmten des Kaisers Landknechte die Burg. Die Besatzung wurde gefangengenommen. Maximilian liess Hans von Pienzenau zusammen mit 17 Kampfgenossen enthaupten. Kufstein wurde nun definitiv an Österreich angeschlossen. Der habsburgische Herrscher liess das Festungswerk wieder aufrichten, welches nach und nach seine heutige Gestalt annahm. An Maximilian erinnert vor allem der von weitem sichtbaren, mächtige Kaiserturm, den er nach eigenen Vorstellungen bauen liess. Nun folgten für die Festungsstadt zwei relativ ruhige Jahrzehnte.
Die Brandkatastrophe von 1703
Unsagbares Unheil ereilte Kufstein im Jahre 1703, im Spanischen Erbfolgekrieg. Dieser grosse europäische Krieg – eigentlich der erste Weltkrieg, weil auch in Nordamerika, Indien und auf den Ozeanen gekämpft wurde – dauerte von 1701 bis 1714. Sehr wenige Waffengänge der Neuzeit haben Europa politisch so tiefgreifend umgestaltet wie dieses gewaltige Kräftemessen. Frankreich war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter seinem glanzvollen König Ludwig XIV., „Le Roi-Soleil“ („der Sonnenkönig“), die stärkste Weltmacht. Es sah sich 1701 der übermächtigen Koalition von England, den Niederlanden, Preussen und Österreich gegenüber. Nur Bayern und Spanien waren seine Verbündeten. Als Ergebnis des Spanischen Erbfolgekrieges verdrängte Grossbritanien Frankreich vom ersten Rang im Konzert der Weltmächte. Die Seemächte Spanien und Niederlande sanken zu Staaten mittlerer Bedeutung herab, während die Landmächte Österreich und Preussen zu Grossmächten emporstiegen. Als Verbündeter Frankreichs drang der bayerische Kurfürst Max Emanuel im Juni 1703 in Tirol ein. In wenigen Stunden stand sein Heer von mehr als 8’000 Mann vor Kufstein. Auf Befehl des Militärdirektors von Tirol wurden die Vorstädte niedergebrannt. Doch der Wind – wie man annimmt – trug die Flammen auch in den Stadtkern, ja das Feuer griff schliesslich sogar auf die Festung über. Mit furchtbarem Gekrache explodierten die Pulvermagagzine und gossen über Stadt und Festung ein unermessliches Flammenmeer. Der Stadtbesatzung und den Einwohnern blieb nichts anderes übrig als in die Wälder und Berge zu flüchten. Anderntags besetzten kurfürstliche Truppen das niedergebrannte Kufstein. In einem Handstreich überrumpelten die Bayern am hellichten Tage auch die Festung. Die Nachricht vom Fall Kufsteins rief in ganz Tirol Panik hervor. Als aber Erfolge des Tiroler Landsturmes im Oberinntal bekannt wurden, griff das Volk zu den Waffen und organisierte sich nahezu von selbst. Der eingedrungene Feind wurde aus dem Land geworfen. Die Kufsteiner Schützen zeichneten sich in diesen Kämpfen durch ein heldenmütiges, siegreiches Gefecht am Thierberg aus. Die Festung blieb aber in bayerischem Besitz. Doch im August 1704 besiegten englisch-österreichische Armeen französisch-bayerische Truppen bei Höchstädt (Oberfranken). Der Sieg bedeutete die Vertreibung der Franzosen aus Deutschland und die besetzung Nayerns durch die Österreicher. Im Grunde genommen war das Treffen bei Höchstädt sogar die eigentliche Entscheidungsschlacht des Spanischen Erbfolgekrieges. Im Ilbesheimer vertrag (1704) musste der Kurfürst Kufstein wieder an Österreich zurückgeben. Doch die Grenzstadt am Inn lag in Schutt und Asche und musste von Grund auf neu aufgebaut werden, was Jahrzehnte dauern sollte.
Die neue Zeit
In den napoleonischen Kriegen stellte sich der Kurfürst von Baern abermals auf sie Seite Frankreichs. Am 7. November 1805 erschien ein baerisch-französisches Heer vor Kufstein. Die Festung fiel ihm kampflos in die Hände. Tirol wurde baerisch. Doch im Jahre 1809 erhoben sich die Tiroler bauern unter dem Freiheitshelden Andreas Hofer gegen die Feinde des Kaisers von Österreich. Den Aufständischen gelang es vorübergehend ganz Tirol bis auf die Festung Kufstein zu befreien. Trotz wochenlanger Belagerung konnte sich die bayerische Schlossbesatzung behaupten. Im Oktober drangen die Bayern von Norden und die Franzosen von Süden her in Tirol vor. Der Freiheitskampf brach zusammen. Erst der Wiener Kongress (1814) stellte die österreichische Hoheit in Tirol und Kufstein wieder her.
Mit den napoleonischen Kriegern hatte die Festung ihre militärische Rolle ausgespielt. Sie diente noch einige Jahrzehnte als Garnison sowie als Staatsgefängnis für politische Deliquenten, hauptsächlich polnischer, ungarischer und italienischer Nationalität. 1882 wurde sie schliesslich aller militärischer Funktionen enthoben. Nun begann, nicht nur für Kufstein, eine neue Zeit. „Fortschritt“ hiess das Zauberwort. Technik, Wirtschaft und Verkehr traten in den Vordergrund. 1858 wurde die Eisenbahn Rosenheim-Innsbruck eröffnet. 1894 die moderne Wasserversorgung in Betrieb genommen und schon relativ früh, namlich 1898, erstrahlte in Kufstein das erste elektrische Licht. Um die Jahrhundertwende begann sich der Drang nach mehr Freizeit durchzusetzen: Immer häufiger fanden Ferienregelungen Eingang in die Arbeitsverträge – unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung des Fremdenverkehrs. „Die Perle Tirols“ konnte nicht lange unendeckt bleiben. Schon 1895 wurden 6’743 Touristen gezählt, die sich drei oder mehr Tage in Kufstein aufhielten. Bereist 1900 wurde das Städtchen am Inn von 4’800 Seelen bewohnt. Seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelte es sich besonders lebhaft. Die Bevölkerungszahl ist auf 14’000 gestiegen und zum Fremdenverkehr gesellte sich eine beachtliche Industrie. Ihre Armut hat diese alte Stadt nicht verloren, und sie darf deshalb mit Zuversicht das Jubiläum ihrer 1200jährigen Geschichte begehen.
1988 „Die Städtefreundschaft Kufstein-Frauenfeld“